Finanzhaushalt 2022 in Württemberg

Das Gesprächskreisvotum der OFFENEN KIRCHE zum Haushalt 2022 hielt Eckart Schultz-Berg bei der Herbsttagung 2021 der württembergischen Landessynode

„Dafür halte uns jedermann: für Diener Christi und Haushalter über Gottes Geheimnisse“ – das ist Predigttext aus dem 1. Korintherbrief (1. Kor 4,1) in zwei Wochen am 3. Advent:

Haushalter der Geheimnisse <=> Geheimnisse des Haushaltes => wir sind in der Doppik unterwegs - im 2. Jahr!

Der Haushalt 2022 ist ein wahres Mammutwerk, sowohl im Erstellen als auch im sich Einlesen und Begreifen der neuen Systematik. Den Mitarbeitenden in Dezernat 7 gehört auch von synodaler Seite größter Respekt und Dank, Herrn Dr. Kastrup, Herrn Ritter und ihrem Team.

Es ist es verständlich, dass Einiges in der Erstellung geholpert hat, das hat Herr Dr. Kastrup vorher in seinem Bericht ausgeführt. Es sei der Sonder- und Umstellungssituation geschuldet, in Ordnung, nur wir müssen uns damit befassen, wie diese Aufgabe besser bewältigbar ist und bleibt, wir die Unterlagen rechtzeitig lesen können. Das Thema Doppelhaushalt wurde vorher angesprochen, wir müssen das im Pro und Contra sorgfältig abwägen und dabei sehr genau und ohne Einschränkung den Gestaltungsspielraum der Synodalen im Blick haben.

An dieser Stelle möchte ich auch den Wunsch einbringen, für die Synodalen in der neuen Haushaltssystematik eine Schulung anzubieten – ähnlich wie es die Kommunen tun.

Nun einige Beobachtungen, sozusagen mit der Taschenlampe auf das Geheimnis des Haushaltes geleuchtet:

a)  Im Corona-Jahr hat sich manches außer der Reihe entwickelt und das vergangene Jahr ist schwer einordenbar: Da waren Coronaextraausgaben, da sind Coronagelder geflossen, die Steuereinnahmen sind aus der Reihe getanzt (Lockdown, Kurzarbeit), die Clearingrückflüsse aus der EKD haben uns gerettet. Unterm Strich sind wir besser aus der Krise gekommen als befürchtet – aber das kann sich gerade wieder ändern.

b)  Noch schwerer einzuschätzen ist die Entwicklung der kirchlichen Aktivitäten in den Gemeinden nach Corona. Wir schließen gerade zwangsweise wieder. Was löst das bei den Menschen aus, werden sie dabeibleiben, werden sie wieder kommen? Wir brauchen die breite Basis vor Ort, damit auch die übergeordneten Bereiche finanziert werden können. Deshalb müssen wir sehr aufpassen, dass wir nicht zu sehr die Handlungsspielräume der Kirchengemeinden beschneiden.

c) Starke Veränderungsprozesse zeigen sich in Richtung Mitgliederentwicklung. Da scheint sich ein Generationenprozess rapide zu beschleunigen. Bei uns in der Großstadt sind wir bei -3,5 %. Wir müssen uns definitiv auf einen starken Rückgang der Finanzmittel einstellen, aber wir müssen auch markant Gesicht zeigen und nicht an der falschen Stelle sparen: die Kirchengemeinden, die Einrichtungen, die diakonischen Aktivitäten sind unser Gesicht vor Ort.

d) Offensichtlich ist der Vertrauensverfall in die Institution Kirche. Da sind wir letztendlich Mitgefangene eines dramatischen Prozesses. Wir müssen deutlich und sichtbar zeigen, was wir alles mit unserem Geld für die Gesellschaft machen. Da fand ich die hellgraue Broschüre des Finanzdezernates sehr gelungen.

All diese Parameter entfächern sich vor uns. Deshalb ist es ganz wichtig, dass der „Sonderausschuss für inhaltliche Ausrichtung und Schwerpunkte“ uns bald Kriterien an die Hand gibt, mit denen wir die Zukunft gestalten können. Denn dann diskutieren wir die Entscheidungen, die gerade gefällt werden, inhaltlich, und das brauchen wir, z.B. Friedenspfarramt u.a., wir haben gestern davon gehört. Wir müssen inhaltlich sprechen.

Zum konkreten Haushalt möchte ich anmerken:

1)  Da die Umstellung auf die Doppik und das Einsammeln der seitherigen Rücklagen der Dezernate noch Fehler und Notlagen enthalten könnte, sind die eingestellten Mittel in Höhe von 10 Mio. Deckungsreserve wichtig und sollten bei Bedarf auch eingesetzt werden.

2)  Die Sparrunde in den Dezernaten mit -0,9 % ist hart. Im Dezernat 1, scheint es mir, haben wir zu wenig freie Handlungsmöglichkeiten. Die Budgetrücklagen sind auf 2 Mio. reduziert worden. Für Theologie und Ökumene, eine unserer Kernaufgaben, müssten wir mehr mittelfristige Finanzmittel zur Verfügung stellen, um gerade jetzt am Ende oder nach Corona handlungsfähig zu bleiben für Neues. Thematisiert wurden bei uns z.B.: Populare Kirchenmusik, Rücklagen Evang. Frauen, KED-Mittel des DiMOE, KDA.

3)  Auf eine strukturelle Verschiebung von Kosten zu Lasten der Kirchengemeinden möchte ich hinweisen: Der Abbau von Pfarrstellen macht einen Ausgleich durch andere Dienste auf Gemeindeebene nötig, Sekretariat, Kirchenpflege, externe Dienstleister, Verwaltung 2024, wir haben davon gehört. Diese Kosten gehen im Vorwegabzug zu Lasten der Kirchengemeinden, während der landeskirchliche Haushalt des OKR entlastet wird. Diese Verschiebung müsste angeschaut werden, evtl. das Haushaltsgesetz geändert werden.

4)  Die Kirchengemeinden bekommen –0,7 %, das sind aber real viel weniger. Ich kann die Zahlen für den Kirchenkreis Stuttgart vorlegen: +2,62 % in 2020; -1,80 % in 2021, -2,77 % in 2022. Dazu die Teuerungsrate, nochmals 3 %, macht –5,7 %. In meinem Bereich sind es -4,15 %, plus -3% Teuerungsrate, macht -7,15 %. Das ist richtig schwierig, da viele Kosten langfristige Fixkosten sind. Wir befürchten, da wird vieles schnell abgewürgt, was letztendlich wieder zu Mitgliederverlusten führt. Vorsicht vor dieser Spirale vor Ort. Es ist gefährlich, wenn wir uns selbst handlungsunfähig machen. Wir sollten aber nach vorwärts schauen.

5)  Es stellt sich die Frage, ob Kirchengemeinden und -bezirke nicht auch Gelder erlösen könnten, indem sie z.B. investieren, unternehmerisch mit der Möglichkeit von Krediten usw. Wir sind ja jetzt in der Doppik unterwegs.

6)  Es bräuchte meiner Meinung nach eines Solidarfonds für Kirchengemeinden in Not. Viele bemühen sich wirklich, Kosten zu reduzieren, aber das geht nicht so einfach. Also nicht nur Ausgleichsstock für Baumaßnahmen, sondern auch ein Solidarfonds für den laufenden Haushalt. Auch ein Öko/Klimafonds war bei uns im Gespräch.

7)  Hinweisen möchte ich noch auf den Koalitionsvertrag in Berlin. Eine Ablösung von Staatsleistungen ist beabsichtigt. Nun ist für uns natürlich „The Länd“ zuständig, aber die politische Absicht ist deutlich formuliert. Was heißt das für uns?

Das waren Anmerkungen zum Geheimnis des Haushaltes. Die Haushalterschaft der Geheimnisse Gottes, die bleibt als Aufgabe, wenn wir uns dem Geheimnis Gottes in der Menschwerdung an Weihnachten nähern!

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Eckart Schultz-Berg, 27.11.2021