OK-Mitgliederversammlung am 14. April 2018 in Stuttgart

Am Vormittag besuchte uns der pensionierte Bischof der Badischen Landeskirche, Dr. Ulrich Fischer, und begutachtete unser theologisches Grundsatzpapier, das Helmut Dopffel, Johannes Dürr und Dr. Karl Hardecker verfasst hatten.
Die Vorsitzende, Erika Schlatter-Ernst, erklärte zur Entstehung des Papiers, dass es die von uns gewünschten Reformen in "Visionen 2020", die noch aktuell sind, nicht ersetzen, sondern ergänzen soll und die Grundlegung für weitere Entwicklungen unserer Kirche darstelle.
Dr. Fischer sagte, es sei ein gutes Papier. Es enthalte viele konkrete Schritte für eine grundlegende Theologie. "Dass eine bestimmte Theologie bestimmte Konsequenzen hat, findet meine ausdrückliche Zustimmung. Das ist logisch für die Kirche der Zukunft."
Der Vorspruch (Präambel) sei wichtig für die OK ohne Wenn und Aber. Der Ruf in die Freiheit sei sehr gut beschrieben. Diese Befreiungsgeschichte habe Vorläufer im Alten Testament. Ein zentraler Satz sei: Die geschenkte innere Freiheit hat Folgen für die äußere Freiheit.
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Es darf überhaupt keine Frage sein, dass Kirche politisch ist in scheinbar inneren Angelegenheiten der Welt. Freiheit ohne Verantwortung führt zu Beliebigkeit." Denn einen Mangel an Freiheit hätten die meisten Menschen nicht mehr, aber an Verantwortung mangele es schon, siehe die sozialen Medien.
Besonders gefallen habe ihm, dass Ernst Langes "Gottes zehn große Freiheiten" zitiert wurden. "Du sollst nicht ehebrechen bedeutet den Schutz der Ehe. Du sollst nicht töten den Schutz der Menschen. Du sollst nicht stehlen den Schutz des Eigentums."
Zur Umwertung der Werte sagte er: "Wir sind die einzige Religion der Welt, die davon redet, dass Gott Mensch wird und leidet. Für Muslime und Juden ein unerträglicher Gedanke!"
Sehr stark sei der Absatz: "Mit der Auferweckung des Gekreuzigten ist eine Dynamik eröffnet, deren Ziel die Überwindung jeglicher Gewalt ist. Denn der Glaube an die versöhnende Kraft des Todes Jesu setzt Zeichen der Versöhnung in einer zerstrittenen und zerrissenen Welt." Deshalb müsse die Kirche Friedensarbeit leisten und zum Frieden erziehen. Fischer: "Wir haben einen grenzüberschreitenden Gott. Aktuelle Bezüge sind die Festung Europa gegenüber afrikanischen Flüchtlingen."
"Ich will Sie sehr kräftig unterstützen, von Volkskirchezu sprechen. Wir dürfen sie nicht kaputtreden. Die 6. These der Barmer Erklärung besagt, ausrichten an alles Volk. Das gilt auch, wenn nur 30 oder 20% der Bevölkerung zur Kirche gehören." Und Fischer bekennt: "Ich habe nie Verständnis für Berührungsängste mit der Welt gehabt. Ich muss nicht alles mitmachen, aber alles wahrnehmen mit allen Konflikten." Das Missionsverständnis sei Grundthema des Konziliaren Prozesses. 

Bei Kirche - transparent und demokratisch stimme alles. Bei der Gestaltung und den Strukturen der Kirche seien ihm allerdings die Unterschiede zwischen Baden und Württemberg aufgefallen: "In Württemberg ist mehr Gegeneinander statt Miteinander." Auch einer, der nur Kirchensteuer zahlt, sich aber sonst überhaupt nicht beteiligt, sei Mitglied der Kirche. "Es gibt Reiche, die zahlen für die Institutionen, wollen sich aber nicht engagieren. Auch die habe ich schätzen gelernt." Und weiter: "Wir werden Ortsgemeinden brauchen. Sie werden größere Räume umfassen, also Zusammenschlüsse erfordern." Eine Kantorei sei aber auch eine Gemeinde, in die man jede Woche geht. Auch das Krankenhaus oder Seniorenheim nicht ausspielen gegen die Ortsgemeinde! 

Kirche hilft, Leben zu gestalten sei sehr schön. "Der Gottesdienst ist ein Gesamtkunstwerk, wenn die Gläubigen gut durch die Liturgie geleitet werden mit neuen und alten Liedern usw." Der Glaube sei personenbezogen. Für Anlässe müssten neue Kasualien entwickelt werden, zum Beispiel beim Eintritt in den Ruhestand; bei der Verpartnerung von Menschen, die nicht heiraten wollen - "Wir lassen die allein" -; eine Segnung für alle Verliebten, ohne zu kontrollieren, ob verheiratet, Mann und Frau oder Mann und Mann. 
Die Diakonie im gemeindenahen Bereich sei genauso wichtig wie die große und die weltweite Diakonie. "Gerechter Frieden" sei ein zentraler Begriff. Und "Gut leben ist besser als viel haben" sollte die Maxime für innovatives Handeln sein. Fischer abschließend: "Ich finde es toll, dass Sie als Gruppe in der Kirche sich dem Vorwurf der Beliebigkeit entgegenstellen. Man kann nicht nur gegen etwas sein sondern muss es auch begründen."  

Am Nachmittag berichtete Erika Schlatter-Ernst über die Arbeit des Vorstands im vergangenen Jahr und verwies auf die Zeitleiste Richtung Kirchenwahl. 
Johannes Dürr legte den Jahresabschluss 2017 vor und die Rechnungsprüferin Christiane Ris empfahl zusammen mit Gustav-Adolf Traut, den Rechner zu entlasten.
Auch der Haushaltsplan 2018 wurde beschlossen.

Dr. Martin Plümicke berichtete über das Bemühen der Synodalen um eine Trauung für alle, die das wünschen (was nicht gelungen ist), um den Beitritt der Landeskirche zur "Aktion Aufschrei" (was gelungen ist), um Strukturen von unten nach oben wenigstens für den nächsten Pfarrplan und die neue Taufagende. Ruth Bauer, die stellv. Vorsitzende im Ausschuss für Kirche, Gesellschaft und Öffentlichkeit ist, kämpft für Klimagerechtigkeit und eine unbefristete Stelle im Energiemanagement und wundert sich, dass nicht mehr Gemeinden diesen Beistand in Anspruch nehmen, der doch jährlich an die 1.000 Euro spart. 

Renate Lück

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