„Wie ich mir die Welt der Hörenden eroberte“

Die 27-jährige Sarah Neef ist seit Geburt taub. Trotzdem spricht sie vier Fremdsprachen, spielt Klavier und tanzt Ballett. Kürzlich hat sie ihr Psychologie-Studium abgeschlossen. Wie sie das alles geschafft hat, beschreibt sie in einer Autobiografie.

Als wir uns vor neun Jahren das erste Mal trafen, war sie sehr darauf bedacht, nichts gegen Gebärdensprechende zu sagen. Ich fragte sie jetzt, warum sich ihrer Meinung nach die Energie lohne, Lippenlesen und Sprechen zu lernen. Sarah Neef: „Ich gehöre zu denen, die das Leben in der ganzen Fülle erfahren möchten. Die Sprache verbindet alle Menschen. Mich mit allen unterhalten zu können, ist mein Ansporn. Die Gebärdensprache ist nur für einen eingeschränkten Kreis. Wer kann schon Gebärdensprache? Das ist mir zu einengend.“

So hat sie vielen Schwierigkeiten in der Schule getrotzt und immer wieder versucht, den Hörenden klar zu machen, dass man ganz normal mit ihr reden kann. Nur sich umdrehen oder das Licht ausmachen darf man nicht. Als Ausgleich hatte sie das Ballett. „Schon als Kind war es für mich eine eigene Welt, in die ich immer wieder eintauchen konnte. Mit professionellen Tänzern auf der Bühne zu stehen, ist großartig. Während der Schulzeit war es auch ein Fluchtort für mich. Beim Tanzen war ich immer total integriert.“

Vom Buch erhofft sie sich jetzt, „dass es Hörende und Nicht-Hörende zueinander bringt und dazu beiträgt, Menschen zu ermutigen, sich nicht ausgrenzen zu lassen und auch nach Enttäuschungen nicht gleich aufzugeben.“

Sarah Neef: Im Rhythmus der Stille, Campus-Verlag, ISBN 978-3-593-38383-5, 252 Seiten, 19,90 Euro