Frau Präsidentin, liebe Synodale,
herzlichen Dank liebe Maike Sachs. Du hast den Konsens beschrieben, den wir im Sonderausschuss zu den Kriterien erzielt haben. Nun würde man erwarten, dass sich daraus Prioritäten und Posterioritäten ableiten lassen, einen deduktiven Ansatz. Doch diesen Weg will der Oberkirchenrat OKR explizit nicht gehen, weil er (zu Recht) nicht glaubt, dass sich daraus die anvisierten 0,9% pro Jahre kürzen lassen.
Wir von der OK sagen, dass ist auch nicht nötig. Es gibt Alternativen!
Wir als OK stehen und das betone ich:
- zu einem nachhaltigen Umgang mit finanziellen Ressourcen der Landeskirche.
- zu allen Verpflichtungen (insb. Pensionen) der Landeskirche.
I. Analyse
a. Wir hatten in 2019 fast die Kaufkraft von 1995.
b. Das Kirchensteueraufkommen bewegt sich in einem „leichten Sinkflug“, der in wirtschaftlich sehr guten Zeiten durch das Wirtschaftswachstum ausgeglichen wird.
c. Dies gilt auch in Wirtschaftskrisen wie der Finanzkrise 2009 und der Coronakrise 2020. Die Coronapandemie hat uns ein kurzfristiges Absacken der Kirchensteuer und eine sehr schnelle Erholung beschert (V-Modell).
d. Wir haben enorme Haushaltsüberschüsse: Unsere laufenden Kosten einschl. der Pensionszahlungen für die aktuellen Pensionäre, Rückstellungen für die Darmstädter RGK bescheren uns einen Überschuss von 60 Mio. Euro, den wir nun in die Versorgungsstiftung stecken.
e. Enormer Mitgliederrückgang => Kirche steckt als Institution in der Krise.
II. Folgerungen:
- Investitionen in die Arbeit, die uns wieder nach vorne bringt. Wir haben das Geld. Gott schenkt uns Rahmenbedingungen, von denen jeder Unternehmenssanierer nur träumen würde
- Und was machen wir anstatt in die Arbeit zu investieren und so die Chance zu haben den Mitgliederabwärtstrend zu bremsen? Wir kürzen unsere Arbeit immer weiter, stecken das Geld in den Sparstrumpf und verlieren immer weiter an Relevanz und Akzeptanz in unserer Gesellschaft und beschleunigen so den Abwärtstrend.
- Dem Oberkirchenrat OKR ist es gelungen eine depressive Stimmung in die Landeskirche zu tragen. Viele Landessynodale, viele Pfarrer*innen, viele Kirchengemeinderäte KGRs haben es verinnerlicht: Wir stehen kurz vor dem Abgrund. Es bleibt nur noch die kontrollierte Abwicklung. Dann das ist es was wir im Sonderausschuss derzeit planen.
Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit!
III. Bereitschaft der OK zur Diskussion über strukturelle Veränderungen, die den geringeren Mitgliederzahlen gerecht werden.
(gebe ich zu Protokoll:
a. Anpassung der Gemeindestrukturen, da haben wir einen Vorschlag zu Distriktgemeinden eingebracht
b. Wir arbeiten an einem Vorschlag für städtische Strukturen
c. Wir befürworten schon seit Jahren eine Anpassung der Kirchenbezirke an die Landkreise
d. Wir stellen uns einer Diskussion über die Prälaturebene, kann es eine Reduzierung geben oder kann sie gar ganz abgeschafft werden.
Wir sind zu vielen Veränderungen bereit. Aber einer Kompetenzverlagerung von der Basis zur Landeskirche lehnen wir ab.
Deshalb stehen wir dem vom Oberkirchenrat OKR favorisierten Modell 2024+ sehr skeptisch gegenüber.)
IV. Keine Kürzungen im inhaltlichen Bereich
Was wir als OK aber ablehnen sind radikale Einschnitte bei den inhaltlichen Angeboten. Es sind die Angebote, die wir als Kirche an die Gesellschaft machen. Es ist der Ast auf dem wir sitzen. Natürlich gibt es bei uns auch Angebote, die sich überlebt haben. Von uns aus steht alles zur Disposition.
Wenn wir dann aber feststellen, dass das ein oder andere Angebot nicht mehr zeitgemäß ist. Dann darf nicht der erste Reflex sein, sehr gut da haben wir ein Einsparpotenzial. Nein der erste Gedanke muss sein wie können uns neu aufstellen, was müssen wir stattdessen machen, um wieder die Menschen zu erreichen.
V. Vision
Lassen Sie mich schließen mit einer Vision.
Ich will nochmal an das Gleichnis der anvertrauten Talente erinnern. Talente in Form von Kirchensteuer haben wir unglaublich viel anvertraut bekommen. Aber was machen wir daraus: Welcher der drei Diener ist mit der Württembergischen Landeskirche vergleichbar?
Der erste oder der zweite die ihr Geld investieren und verdoppeln oder der letzte, der sein Geld vergräbt und am Ende dem Herrn nur genau den Betrag wieder zurückgeben kann, den er bekommen hat.
Wie müsste es aussehen, wenn wir dem ersten oder zweiten Diener nacheifern:
Ich träume davon, dass wir uns offen und ehrlich der Realität stellen und schonungslos analysieren welche eigenen Anteile wir an der Krise habe? Das haben wir m.E. bisher nicht getan.
Ich sehe zwei Ansatzpunkte:
a. Theologische Krise: Was hat das Evangelium im 21. Jahrhundert den Menschen zu sagen?
b. Institutionelle Krise: Fehlendes Zugehörigkeitsgefühl (An wem es ganz sicher nicht liegt und das lassen Sie mich ganz deutlich sagen, sind die vielen Kirchenmitglieder, Haupt- und Ehrenamtlichen die tagtäglich mit Menschen in Beziehung treten)
- Dann setzen wir uns ein Ziel: z.B. den Mitgliederrückgang in 10 Jahren bremsen
- Dann ergreifen wir Maßnahmen um dieses Ziel zu erreichen.
Das wäre ein Sanierungsplan, so würde es wohl jedes Unternehmen das zukunftsfähig aufgestellt sein will angehen. Aber dazu gehörte Mut und Gottvertrauen.
Wir gingen ein Risiko ein. Es könnte sein, dass wir noch mehr in die Krise gerieten, vielleicht die Hälfte aller Immobilien verkauften müssten um unseren Verpflichtungen nachzukommen.
Aber es könnte auch sein, dass unsere Kirche in zehn Jahren wieder ein Strahlkraft hätte, die unserem Evangelium angemessen wäre, dass wir kaum mehr Austritte hätten. Dass wir vielleicht sogar wieder ein wenig Zuwachs hätten. Es liegt nicht in unserer Hand. Aber wenn wir es nicht versuchen, oder mit anderen Worten wenn wir nicht bereit sind uns zu Werkzeugen Gottes machen zu lassen, werden wir sicher verlieren.
Wenn Sie nun sagen, das ist nichts für mich, so mutig bin ich nicht, so nehmen Sie bitte mit. Ja wir verlieren Mitglieder, aber es gibt keinen Grund depressiv zu werden. Wir haben Geld, wie in den letzten 25 Jahren auch. Es besteht kein Grund panikartig zu kürzen.
Da können Sie sich sicher sein, die OK wird alles tun, dass dies auch nicht passiert.
Prof. Dr. Martin Plümicke