OK-Mitgliederversammlung 2009
am 28. März 2009 in Stuttgart
Zur diesjährigen Mitgliederversammlung hatten wir Gäste, die unsere Gedanken auf die Sprache in der Kirche lenkten - Sprache, die auch Fakten nach sich zieht.
Bärbel Wartenberg-Potter, bis vor kurzem Bischöfin in Lübeck, hielt ihren Vortrag "Geschlechtergerecht genug? Zur Zukunft der Kirche", in der sie eine Kirche zeichnet, die Männern und Frauen geistliche Heimat bietet und die wir lieben können. Sie stellte allerdings auch unbequeme Fragen, zum Beispiel: "Was brauchen wir, um Kirche zu sein? - Einen Tisch, Brot und Wein und das Wort Gottes." Das Wachstumsdenken sei nur scheinbar missionarisch. Wichtiger seien Fragen, wie "Sind wir noch brauchbar? Sind wir nahe genug bei den Menschen? Sind wir prophetisch? Sind wir evangeliumsgemäß? Haben wir eine Vision für die Menschen und die Zukunft der geschöpflichen Mitwelt?" Bärbel Wartenberg-Potter sagte: "Kirche kann heute nur noch als Gemeinschaft gleichberechtigter Frauen und Männer stattfinden, wenn sie in der säkularen Welt nicht in große Erklärungsnöte kommen will. Sie muss auch in ökumenisch und in weltweiter Verbundenheit stattfinden." Den ganzen Text ihres Referats (PDF-Datei) finden Sie hier.
Dr. Antje Schrupp, Theologin und Publizistin in Frankfurt, möchte eine gute Kirche, eine, die es Menschen ermöglicht, spirituelle Erfahrungen zu machen in einer materialistischen und vernunft-rationalistischen Welt. "Und natürlich liegt es doch wohl völlig auf der Hand, dass eine Kirche, die Frauen systematisch an einer selbstbewussten Beteiligung hindert oder krude Geschlechterklischees verbreitet, auf keine Fall eine gute Kirche ist." Sie habe so eine Kirche, die sie lieben kann, gefunden und arbeitet als Redakteurin einer kirchlichen Mitgliederzeitung. Für sie ist selbstverständlich, dass sie die inklusive Sprache benutzt, Frauenthemen prominent platziert und mindestens 50 Prozent der Meinungsartikel für Frauen freihält. Sie holt sich ihre Inspirationen aber auch in der Zusammenarbeit mit Musliminnen, Jüdinnen, Säkularen und Anhängerinnen heidnischer Spiritualität, die ernsthaft nach dem Willen Gottes suchen.
Auch ihr Statement finden Sie als PDF-Datei hier.
Anschließend ergab sich eine lebhafte Diskussion, in der gesagt wurde, dass Gott weder männlich noch weiblich ist, dass die Gottessprache eine große Baustelle sei und in der Bibel in gerechter Sprache viele Metaphern für den Gottesnamen "Ich bin da" angeboten werden. Auch Jesus ist eher ein Bruder, ein Mensch, der so gelebt hat, wie es Gott gefällt - gewaltlos, mutig, menschlich. Was die Kirche in der Nachfolge daraus gemacht hat, sei der Sündenfall. Als Anita Gröh von ihrem Antrag zum Gendertraining in der Landessynode berichtete, der abgeschmettert wurde, ermutigte sie die Bischöfin i.R., es wieder zu probieren. So ein Gendertraining sei notwendig. Den Frauen würde immer vorgeworfen, sie wollten ein größeres Stück vom Kuchen. Dabei wollen sie einen anderen Kuchen. Auch die Journalistin Schrupp betonte, es müssten neue Strukturen geschaffen werden, die patriarchale Ordnung funktioniere nicht mehr. Posten seien wichtig, bei denen Frauen ihre Kompetenz einbringen können. Frau Wartenberg-Potter machte allerdings klar, dass man Strukturen erst verändern kann, wenn man drin ist. Und so lange brauche man ein robustes Nervenkostüm, denn die Männer hätten bewährte Seilschaften. Zum Glück gibt es Männer, die Frauen unterstützen. Es wurde aber auch angemahnt, dass die Frauen ihre Möglichkeiten nun auch wahrnehmen müssten.
Am Nachmittag legte die Vorsitzende Kathinka Kaden ihren Jahresbericht vor. Eine große Diskussion entspann sich um das "Wort zur Fastenzeit", das der Vorstand kurz vor der Frühjahrssitzung der Landessynode veröffentlicht hatte. Während etliche Mitglieder das deutliche Wort zum Gebaren der Evangelikalen richtig und notwendig fanden, empfanden es einige Synodale als zu polemisch. Dass das Weihnachtsopfer in der Stiftskirche nicht an "Brot für die Welt" ging, sondern mit dem vom zweiten Advent getauscht worden war, hielt die langjährige Synodale Margret Mayer ebenfalls für schlimm. "Wir müssen evangelikale Missionsprojekte hinterfragen und die KGRs informieren." Auch dass "Hilfe für Brüder" ständig im Evangelischen Gemeindeblatt erscheint, findet sie nicht in Ordnung. Den Slogan "Wachsam sein" aus Kathinka Kadens Geschäftsbericht wiederholten etliche Mitglieder.
Der Geschäftsbericht des Rechners wurde beifällig aufgenommen. Der Vorstand wurde insgesamt entlastet.
Dann wurde der Vorstand neu gewählt. Nicht mehr zur Verfügung standen Albrecht Bregenzer, Dieter Hödl und Hiltraut Link, die herzlich verabschiedet wurden. Neu kandidierten Sabine Drecoll, Erich Haller, Hansjörg Kammerer und Ulrike Stepper. Gewählt wurden die erste Vorsitzende Kathinka Kaden, der stellvertretende Vorsitzende Rainer Weitzel und Kassierer Gunter Kaden, außerdem Cornelia Brox, Sabine Drecoll, Erich Haller, Renate Lück, Martin Plümicke, Michael Seibt und Ulrike Stepper.
Martin Plümicke berichtete, unterstützt von einigen Synodalen, von den Anträgen und Erfolgen in der Landessynode. Zwei Ausschüsse bereiten das Schwerpunkt-Thema "Arm und Reich" für das kommende Jahr vor.